Aus dem Licht des Morgenlandes – „Ex orientae lux“ – kam Vieles, das Lebensqualität und Wissen der Menschen in Europa nach vorne brachte. Porzellan, Kaffee, Tee, Mathematik, Astronomie, Musikinstrumente – und eben auch Tapeten. Aus dem Fernen Osten, konkret gesagt, aus China, stammen die ältesten Vertreter. Dort verwendeten reiche Bürger und Adlige schon in vorchristlicher Zeit Wandbespannungen aus Seide. Nachdem man um das Jahr Null unserer Zeitrechnung die Möglichkeit entdeckte, Papier aus Bambus herzustellen, setzte sich dieses Material zunehmend durch.
Auch in der Türkei gab es schon früh Methoden, um die eigenen vier Wände zu verschönern. Hier nahm man zu dem Zweck zunächst Wandteppiche. Später kamen auch hauchdünne Ledertapeten zum Einsatz. Sie waren geprägt, teilweise vergoldet – und preislich attraktiver als die geknüpften Exemplare. Dem türkischen Wandteppich entsprach in den nördlicheren Gegenden Europas der textile Wandbehang mit Bildwirkerei, als deren berühmtester Hersteller die Familie Gobelins avancierte. Ein echter Gobelin-Teppich war allerdings so teuer, dass er seinen Besitzer auch auf Reisen begleitete, um in der Ferienresidenz für behagliche Atmosphäre zu sorgen.
Von „Tapetenwechsel“ konnte da natürlich keine Rede mehr sein. Heute sieht das glücklicherweise anders aus. Ein Tapetenwechsel im wahren Sinne des Wortes geht fast schneller als eine Reise nach Mallorca – vorausgesetzt, man berechnet den Weg in Autostunden. Sehr viel mehr Zeit muss allerdings für die Auswahl der neuen Raumdeko veranschlagt werden. Da herrscht die Qual der Wahl zwischen einer Vielzahl von Designformen: Zu nennen wären beispielsweise Grasfaser-, Leder- & Fototapeten, darüber hinaus, Metalleffekt-, Raufaser- oder Strukturtapeten, Velours- oder Lacktapeten. Unbedingte Erwähnung verdient natürlich auch die Mustertapete.
Unter den vielen tollen Farben und Mustern das passende zu finden, kann die eine oder andere schlaflose Nacht bereiten. Möglicherweise um sich dem zu entziehen, entscheiden sich seit Jahrzehnten viele Konsumenten für die bewährte Raufasertapete. Sie wurde 1864 von dem Apotheker Hugo Erfurth erfunden, ursprünglich zur Schaufensterdekoration. Ihr Triumphzug in die Wohnungen begann in den 1920er Jahren des letzten Jahrhunderts, als sie von Mitgliedern der Architekturschule Bauhaus entdeckt wurde. In ihrer unaufdringlichen Art passt sie hervorragend zu den klaren, glatten Formen, die den Bauhausstil charakterisieren.
Sicherlich wurde die Beliebtheit der Tapete obendrein durch die leichte Handhabung und durch ihre Vielseitigkeit begünstigt. Die „gute, alte Erfurt“ kann mehrmals überstrichen werden und verleiht dem Raum durch andere Farbgebungen immer wieder eine neue Ausstrahlung. Auch unter ökologischen Aspekten kann die Raufaser punkten. Sie besteht aus drei Papierschichten, in die Holzpartikel eingearbeitet werden. Je nach deren Körnung ergeben sich unterschiedliche Strukturen. Für das Papier benutzen die Hersteller 75 Prozent ausgewählte Recycling-Ware, 24 Prozent naturbelassene Fichtenvollholzfasern und 1 Prozent natürliche Bindemittel. Die ökologische Komponente hat der Tapete bereits diverse Öko-Siegel eingebracht.
Im Unterschied zur Raufasertapete bedarf die Anbringung einer Mustertapete der geübten Hand eines erfahrenen Tapezierers, zumal dann, wenn es sich um ein Modell „mit Ansatz“ handelt. Das ist dann gegeben, wenn das Design sich sowohl in der Länge als auch in der Breite verschieden oft wiederholt. Beim Aneinandersetzen der Bahnen muss darauf geachtet werden, dass das Muster nahtlos anschließt. Die Mustertapete war lange Zeit out bis sie von Clubs und Szenebars wieder entdeckt wurde. Das setzte den Trend, Wanddeko mit großen Dekors und direkten Farben wieder ins heimische Wohnzimmer einziehen zu lassen.
Sven Rohleder, langjähriger Fan des Tapetendesigns der 1970er Jahre, ist jemand der diese Mode sehr begrüßt. Wer von blassen Wänden genug hat, findet auf seiner Website ein wahres Eldorado von Formen und Farben, die hippe Clubatmosphäre sozusagen wieder an den Herd bringen. Führende Hersteller von Mustertapeten sind beispielsweise die Firmen Marburg, AS Creation und Rasch, die sich unter der Adresse „tapete-erleben.de“ einen gemeinsamen Internet-Auftritt teilen.
Marburg blickt auf eine 160-jährige Unternehmensgeschichte zurück, in deren Verlauf stets Hochwertiges die Produktionsstätten verließ. Das betraf nicht nur die Wandbeläge, Wandmotive und Tapeten, sondern auch diverse technische Innovationen. 1974 mit nur vier Mitarbeitern gegründet, stellt AS Creation das jüngste Unternehmen des Trios dar. Die Bergische Firma mit Niederlassungen in England, Frankreich und den Niederlanden vertreibt Marken in unterschiedlichen Preissegmenten und kooperiert mit illustren Partnern. Dazu gehört „Schöner Wohnen“, das größte Trendmagazin Europas, „Brigitte Home“, ein „Ableger“ der berühmten Frauenzeitschrift, sowie „Esprit Home“, Tochter der bekannten Mode-Marke.
Auch Rasch stellte in diesem Jahr Produkte aus einer recht glamourösen Design-Kooperation vor. Unter dem Motto „Home Passion“ hat Bernhard Holzapfel, Chefdesigner der Traditionsfirma, in Zusammenarbeit mit niemand Geringerem als Barbara Becker die erste Celebrity-Collection des Hauses entwickelt. Die Kollektion umfasst insgesamt sechs Themen: „Female First“, „Soho Club“, „Tropical Paradise“, „Action Painting“, „Deco Chic“ und „African Flower“.
Für jeden Geschmack und nahezu jede Lebenslage ist ein Design dabei: „Female First“ beispielsweise inszeniert Spitze als Hommage an die feierlichsten Momente im Leben einer Frau, „Action Painting“ reflektiert Vitalität und schöpferische Kraft, „African Flower“, das Ethno-Thema der Kollektion mit seinen dunklen Farben, schafft eine angenehm beruhigende Atmosphäre. Allen gemeinsam sind die Kernaussagen, die Barbara Becker mit ihrer Kollektion zum Ausdruck bringen möchte: Wahrhaftigkeit und Optimismus – was die Wohnqualität und damit Wohlbefinden nachhaltig verbessert. Nicht umsonst soll ein New Yorker Innenarchitekt gesagt haben, eine gut eingerichtete Wohnung sei besser als ein Besuch beim Therapeuten.
Apropos New York: Es gibt mittlerweile gestochen scharfe Fototapeten, die die Skyline des „Big Apple“ in Ihr Zuhause bringen. Oder besonders edel, die Schwarzweiß-Variante mit einer Straßenansicht und den weltberühmten „Yellow Cabs“ im Rausch des täglichen Verkehrs. Frank Sinatra sang nicht umsonst „I Wanna Wake Up in a City, That Doesnt Sleep.“ Auf den Straßen Manhattans fahren nämlich nur etwa 50 Prozent Privatfahrzeuge – das Bild wird vor allem durch die zahlreichen Taxis geprägt. Über 12.000 dieser Fahrgeschäfte rollen über die 10.200 Kilometer langen Straßen von New York.
Wie wichtig die Gestaltung der vier Wände für die Lebensenergie ist, beweist auch ein Zitat von Oscar Wilde, das die Firma Erfurt auf ihrer Website anführt. Demnach waren die letzten Worte des großen britischen Schriftstellers, der im Pariser Hotel D’Alsace starb: „Diese Tapete wird mich noch umbringen – einer von uns beiden muss gehen.“