Der Ferne Osten hat einige außergewöhnliche Stilrichtungen in der Kunst hervorgebracht und gilt als meisterhaft in Fragen der Ästhetik, auch beim Wohnen. Ein speziell japanisches Konzept der Gestaltung nennt sich Wabi Sabi. Es feiert alles, was unperfekt und unvollkommen ist. Aber das bedeutet nicht, dass die japanische Einrichtung dabei wild durcheinander gewürfelt werden soll. Vielmehr geht es darum, das perfekt Unperfekte zu erzeugen. Dabei darf nicht übertrieben werden: Purismus und Klarheit zählen, wenn Sie ein japanisches Badezimmer, Wohnzimmer oder Schlafzimmer angehen möchten.
Was bedeutet Wabi-Sabi?
Trotz der Namensähnlichkeit hat Wabi Sabi nichts mit der japanischen Pflanze Wasabi zu tun. Die meisten Menschen kennen schon das ein oder andere berühmte Beispiel für diese Stilrichtung. Der Zen-Garten, das japanische Blumengesteck und die traditionelle japanische Teezeremonie zählen dazu. In allen Fällen geht es ausgesprochen schlicht zu, dennoch sind alle Beispiele auf ihre Art bemerkenswert.
Der Zen-Garten ist typisch Japanisch
Farben sind hier Nebensache: Der Schwerpunkt im Zen-Garten ist vielmehr ein ausladendes Sand- oder Kiesbeet. Es wird in einem meditativen Prozess mit einer Harke in Form gebracht. Sehr gleichmäßige Linien zieren schließlich die Oberfläche, die Wasser symbolisieren soll, also zum Beispiel das Meer oder einen Fluss. Kleine „Inseln“ durchbrechen dieses „steinige, trockene Wasser“. Sie sind deutlich erhaben und meist von einfachem Moos bewachsen, mitunter aber auch mit weiteren Pflanzen. Steine oder Felsen werden ebenso gern darauf platziert, wodurch Berge dargestellt werden sollen.
Die Bedeutung der Wörter wabi und sabi
Wabi und Sabi sind zwei alte japanische Wörter. Ihre ursprüngliche Bedeutung hat sich bis heute leicht geändert. So stand wabi zunächst für „traurig“, „allein“ und „verlassen“. Sabi hingegen bedeutete „alt sein“ und „vergehen“, außerdem steht sabi für das Ansetzen einer Patina. Dabei handelt es sich um eine dünne Schicht, die sich durch chemische Reaktionen auf vielen alternden Oberflächen bildet. Kupfer, der mit der Zeit grün wird, ist ein klassisches Beispiel. Aber eine Patina kann auch auf anderen Materialien entstehen. Bei verwittertem Holz und sogar bei Teeablagerungen in einer Porzellantasse spricht man umgangssprachlich ebenfalls von einer Patina.
Die heutige Bedeutung von Wabi-Sabi
Das Ansetzen einer Patina spielt bei Wabi Sabi durchaus eine Rolle. Doch was bedeuten die beiden Begriffe aus unserer heutigen Perspektive? Tatsächlich wurde die Bedeutung einfach in ein positives Licht gerückt. Einfaches und Altes besitzt durchaus seine eigene Schönheit, die sich manchmal aber erst bei genauerem Hinsehen offenbart. Wabi Sabi verführt dazu, diese zu erkennen und lieben zu lernen.
Es geht dabei auch um Genügsamkeit und Harmonie – gerade letzteres ist typisch japanisch. Farben und Gegenstände im japanischen Purismus verzichten auf Opulenz und Extravaganz. Eine solche Umgebung spiegelt sich vielleicht sogar in der Seele wider und beeinflusst die Persönlichkeit, macht sogar zufriedener. Minimalisten erkennen hier sicher bereits die enge Verwandschaft zwischen den Konzepten. Und tatsächlich stehen sich Wabi Sabi und der Minimalismus sehr nah. Zum Beispiel ist ein authentisches japanisches Badezimmer mit oder ohne Wabi-Sabi-Elementen häufig minimalistisch gestaltet.
Das Perfekte und das Unperfekte im Zen-Garten
Kommen wir noch einmal zurück auf den Zen-Garten, um zu klären, was an ihm so Wabi Sabi ist. Er ist ausgesprochen einfach und puristisch. Das zeigt sich auch in seiner Pflege. Hier muss nur gelegentlich Sand geharkt und Laub entfernt werden. Zugleich altert der Garten gemächlich vor sich hin. Moose lassen sich nieder und überziehen die Oberflächen der Inseln. Die Felsen setzen eine Patina an, während sie verwittern. Die Harmonie wird durch seine Anordnung erreicht, die den Regeln der Natur folgt.
Doch es steckt noch mehr im Zen-Garten. Der Sand verkörpert zwar das Wasser, er ist aber kein Wasser. Das macht den Garten unperfekt. Gleichzeitig lassen sich mit Harken Wellen einarbeiten, die den Anschein von Wasser erwecken. Eine Herausforderung ist es, dabei absolute Gleichmäßigkeit zu erreichen. Die angestrebte fehlerfreie Ausführung ist perfekt. Damit ist ein Zen-Garten perfekt und unperfekt zur gleichen Zeit. Darüber hinaus gibt es noch mehr Spielraum für weitere Interpretationen.
Wie sich die Philosophie bei der Wohnraumgestaltung umsetzen lässt
Wer Wabi Sabi in seinen eigenen vier Wänden leben möchte, muss sich keine japanische Einrichtung kaufen oder ein japanisches Badezimmer oder gar Teehaus anlegen. Es geht auch einfacher. Dabei gilt es, sich an ein paar grundsätzliche Regeln zu halten. Sie können zunächst zum Beispiel eine einzige Ecke in Ihrer Wohnung nach Wabi Sabi gestalten oder eine Wabi-Wabi Wandfarbe auftragen. Es ist nicht nötig, gleich alles zu ändern.
1. Schlicht statt Pracht
Sie lieben Dekoration? Bei Wabi Sabi müssen Sie nicht darauf verzichten. Doch wählen Sie diese gut aus – passend zum puristischen Stil ohne kitschige Elemente, zum Beispiel für Ihr japanisches Badezimmer. Statt Schnörkel wählen Sie Geradliniges. Wellen und sanfte Linien erinnern an den Zen-Garten. Zu viel Buntes ist eher zu vermeiden, vor allem an der Wand. Setzen Sie auf eine Wabi Sabi Wandfarbe, die Ihnen auch in der Natur begegnen könnte – also lieber Ocker statt Neongrün.
Das gilt auch für Blinkendes und alles andere, das mit Zwang die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Lieblingsdinge sind immer erlaubt und Komfort wie Gemütlichkeit sowieso. Wabi Sabi soll für Sie unbedingt behaglich und angenehm sein, das ist eben auch japanisch. Farben und Gegenstände, die Sie kombinieren möchten, sollten besonders schön miteinander harmonieren.
2. Natürlich statt künstlich
Verzichten Sie auf Plastik und andere künstlich hergestellten Materialien soweit es möglich ist. Greifen Sie zum Beispiel lieber zur Glasvase statt zu dem Modell aus Plastik. Die Bettwäsche aus Baumwolle fühlt sich vielleicht auch viel besser an als das Set aus Mikrofaser. Die Optik darf aber mitentscheiden: Wenn es natürlich aussieht, können Sie durchaus eine Ausnahme machen.
3. Der Gedanke der Nachhaltigkeit
Insgesamt geht mit Wabi Sabi ein stark reduzierter Konsum einher. Genau wie der Minimalismus passt der Stil damit hervorragend zum Thema Nachhaltigkeit. Statt Waren zu kaufen, die über den halben Globus transportiert wurden, ist es sinnvoller, vorwiegend lokal zu kaufen. Zum Beispiel könnten Sie bei der Suche nach einer neuen Obstschale die China-Ware im Möbelhaus ignorieren und gezielt eine Handwerkerin in Ihrer Nähe beauftragen, die Ihnen ein Unikat herstellt. Mit Holz, das in Ihrem Umfeld gewachsen ist. Vielleicht können Sie sich auch dazu begeistern, etwas selbstzumachen.
4. Altes erhalten, statt Neues zu kaufen
Man muss Dinge nicht immer neu kaufen. Second Hand ist ein großartiger Weg, um günstig an Dinge zu kommen, die immer noch gut sind. Wenn im Haushalt etwas kaputt geht, kommt schnell der Wunsch auf, das Kaputte neu zu kaufen. Doch vieles kann auch repariert werden. Im Wabi Sabi gibt es mit dem Kintsugi sogar eine traditionelle japanische Reparatur-Methode für Keramik und Porzellan. Dabei werden die Bruchstellen durch goldene Lackierungen gezielt hervorgehoben.
Das ist das Prinzip der Wertschätzung für die Dinge. Oft sind etwas ramponierte Dinge sowieso die schönsten. Wer kennt nicht die Kinder, die ihre völlig zerzausten Teddys über alles lieben, selbst wenn ihnen ein Plüschbeinchen fehlt? Und auch Erwachsene bringen viel Liebe für alte Dinge auf, denen man die Jahre ansehen kann. Dazu zählt auch, die Dinge im eigenen Besitz gut zu pflegen, damit sie lange erhalten bleiben können.
5. Bewusste Leere
Leere Räume versprühen Poesie. Dabei geht es nicht darum, dass ein Raum bis auf die Wabi Sabi Wandfarbe völlig leer ist. Aber nicht jede Ecke muss ausgenutzt und zugestellt werden. Wände dürfen frei bleiben. Im Regal ist nicht jeder Zentimeter restlos vollzustellen. Gezielte Leere kann sehr viel Ruhe und Klarheit ausstrahlen. Außerdem betont sie indirekt das, was Sie sonst zur Schau stellen. Zudem ist Leere außerordentlich praktisch: Wer wenig hat, muss sich auch nur um wenig kümmern. Wabi-Sabi-Wohnungen sind damit schnell aufgeräumt und geputzt, der nächste Umzug ist deutlich einfacher und vor allem günstiger.
Wabi Sabi Wandfarbe: Diese sind japanisch
Farben spielen in der Wohnumgebung eine wichtige Rolle, denn sie entscheiden darüber, welche Stimmung im Raum herrscht und ob wir uns wohlfühlen. Möchten Sie eine japanische Wand im Wabi-Sabi-Stil gestalten, empfehlen wir Ihnen natürliche, warme und helle Farbtöne wie Sand oder Beige, die sich durch Zurückhaltung auszeichnen. Etwas reichhaltigere Farben wie Rosa sind durchaus erlaubt, sofern sie eher sanft wie Rosé daherkommen und nicht aufdringlich wie Pink. Viel Licht ist immer zu empfehlen, damit alle Farben schön herauskommen.
Moderne Wandfarben sind auch mit speziellen Effekten erhältlich, die noch als Wabi-Sabi-Wandfarbe durchgehen. Wie bereits erwähnt, spielt Patina eine wichtige Rolle bei der Ästhetik. Wandfarben mit Patina- oder Rost-Effekt sind einzigartig.
Japanische Wand mit Strukturen und Mustern selbst gestalten
Im Zen-Garten harken Mönche feine Wellenmuster in den Sand. Warum nicht selbst mit Strukturen arbeiten? Wände im Wohnraum bieten sich hervorragend dafür an. Im Gegensatz zum steinernen Meer sind diese allerdings eher dauerhaft, zum Beispiel wenn Sie mit Putz oder Strukturfarbe arbeiten. Tragen Sie das Material frisch angerührt auf die entsprechende Wand auf und arbeiten Sie mit einem speziellen Hilfsmittel Strukturen ein. Anschließend muss die Oberfläche nur noch aushärten.
Greifen Sie gern auch zu Mustern, wobei diese im japanischen Purismus dezent ausfallen. Eine Japanische Wand mit ihren gleichmäßigen Gittern aus dunklem Holz ist ein passendes Beispiel. Übrigens gibt es auch Raumteiler zum Aufstellen, die als japanische Wand bekannt sind.
Eine japanische Einrichtung verlangt ausgewähltes Material
Die oben genannten Regeln verdeutlichen die Bedeutung natürlicher Materialien für Wabi-Sabi. Alles, was nicht künstlich hergestellt wurde und möglichst auch noch schön altert, passt perfekt in das Konzept. Holz, Porzellan und Keramik haben wir bereits genannt. Darüber hinaus lässt sich auch wunderbar mit Stein wie Speckstein, Marmor oder Naturstein arbeiten. Denken Sie bei Textilien auch an Wolle, Baumwolle, Leder und bei Schachteln an Kork und Papier. Die Auswahl ist nahezu grenzenlos.
Ein Wandtattoo rundet die japanische Einrichtung ab
Sie denken, eine klassische japanische Wand verträgt sich nicht mit einem modernen Wandtattoo? Es gibt durchaus Motive, die hervorragend in das Konzept passen. Typisch Japanisch sind die Farben der Kirschbaumblüten im Frühling. Warum also nicht die Wand im Wohnzimmer mit den üppig mit Blüten behangenen Ästen verzieren? Überhaupt sind Blütenzweige eine fantastische Wahl. Pflanzenmotive, die nicht zu opulent sind, dürfen ebenfalls nicht fehlen. Gräser im Wind oder der Wald aus Birken sind ansprechende Ideen, etwa für ein japanisches Badezimmer.
Ausgewählte Landschaften können die Naturschönheit Japans andeuten und die japanische Einrichtung damit besonders hervorheben. Mit dem Wandtattoo „Gebirge“ ist es fast wie auf den japanischen Inseln. Beim „Steg am See“ bekommt man fast den Eindruck, am Ende des Stegs wartet ein Teehaus auf den Betrachter. Da Wabi Sabi eng mit dem Buddhismus verbunden ist, stellen auch Zitate mit Weisheiten wie „Lerne loszulassen“ eine geeignete Möglichkeit zur Wandverzierung dar.
Mit Wabi Sabi ansprechend wohnen auf Japanisch: Farben und mehr
Wabi Sabi ist ein uraltes Konzept der Ästhetik, das sich auch für modernes Wohnen eignet. Das zeigt sich unter anderem in der Vielfalt der passenden Wandtattoos. Wer die grundsätzlichen Regeln beachtet, richtet sich seine persönliche Wohlfühloase mit wenig Aufwand ein, erzeugt aber klaren Gewinn. Ganz gleich, ob Sie an ein japanisches Badezimmer, eine einzelne japanische Wand mit Wabi-Sabi-Wandfarbe oder an ein Schlafzimmer denken, das zusätzlich eine japanische Einrichtung enthält: Folgen Sie Ihrer Inspiration und entdecken Sie Ruhe und Klarheit.